
Fire in the Lake – Abriss und Spielbericht
Beim Spieletreff unseres Brettspielvereins hatte ich mich mit drei anderen „Pappenheimern“ zu einer Partie Fire in the Lake verabredet. In gleicher Konstellation hatten wir bereits vor ein paar Monaten eine Partie gespielt, insofern konnte man es als Revanche betiteln.
Was ist Fire in the Lake und was sind „COINs“ ?

Fire in the Lake von GMT Games ist Teil der COIN Series.
Die Serie, von Volko Ruhnke ins Leben gerufen, befasst sich mit verschiedenen asymetrischen Konflikten rund um den Planeten. Meist werden hierbei historische Ereignisse aufgegriffen, mittlerweile befasst sich Red Dust Rebellion z.B aber auch mit einem fiktiven Szenario in der Zukunft. Auf Deutsch könnte man es vielleicht als „Aufstandsbekämpfung“ bezeichnen, bei der aber alle beteiligten Fraktionen gespielt werden können und alle normalerweise komplett asymetrische Ziele verfolgen, die auf dem Weg dahin aber das ein oder andere Bündnis mit einer anderen Konfliktpartei erfordern.
„This series features Volko Ruhnke´s game system presenting guerilla warfare, asymetric warfare, and COunterINsurgencies around the world – in both historical and contemporary conflicts.“ – GMT Games
Aktuell gibt es 13 Titel der Serie (bzw. mit Chinas War befindet sich COIN Volume XIII gerade in Auslieferung), weitere sind in Planung. Der erste Vertreter war Andean Abyss, welches sich mit dem Drogenkrieg in Kolumbien befasst. Das schöne und besondere an den COINs ist, das alle auf der gleichen, interessanten Mechanik beruhen und es so kein Problem ist, die Spiele zu erlernen, wenn man eins erst einmal gespielt hat. Die Grundmechanik ist immer ein Eventdeck, das je nach Szenario aus meist 3 einzelnen Stapeln besteht, in denen „Triggerkarten“ platziert sind, die eine Zwischen/Endwertung“ auslösen. Nur wer, meist zu Beginn dieser Wertungsphase, sein Ziel erfüllt hat, kann das Spiel gewinnen.
Die Initiative richtet sich nach der auf den Eventkarten abgedruckten Spielerreihenfolge und die Aktionswahl des ersten Spielers beeinflusst maßgeblich die Möglichkeiten des zweiten Spielers. So ist schon die Aktionswahl immer ein strategisches Mittel. Pro Eventkarte sind in der Regel immer nur zwei Spieler am Zug.
Jeder Spieler hat dann meist maximal 8 verschiedene Aktionen zur Verfügung, die bei allen Parteien asymetrisch sind. Oft gibt es hier dann Konfliktparteien, die eher an einer wirklichen Gebietskontrolle interessiert sind, aber auch Parteien, die die Bevölkerung selbst über Propagandaaktionen oder Terror auf ihre Seite ziehen wollen.
Gewinnt keine Partie innerhalb der drei Wertungskarten, endet das Spiel auf jeden Fall nach der dritten durchgeführten Wertungsrunde.
Fire in the Lake befasst sich mit dem Vietnamkrieg. Der Titel beruht auf dem gleichnamigen Buch von Frances Fitzgerald.

Als eine der vier beteiligten Parteien VC -Vietcong, US – United States, NVA – North vietnamese army oder ARVN – Republic of Vietnam (Südvietnam) spielen wir in einem zeitlich abgesteckten Szenario um die Vorherrschaft. Während die ARVN und die NVA ihrerseits die Gebietskontrolle erlangen wollen (NVA vom Norden aus, ARVN eher im Süden um Saigon startend), sind die US und der VC eher darauf aus Stimmung gegen die jeweils andere Partei zu machen, um die Leute gedanklich auf ihre Seite zu ziehen, bzw die USA unterstützt natürlich zunächst massiv militärisch die ARVN…was sich im späteren Spielverlauf aber ändern wird. So entsteht ein asymetrisches, komplexes Spiel, bei dem ARVN und US zunächst mehr oder weniger gemeinsam agieren und der VC und die NVA
Der Spielbericht
Für den Spieltreff hatten wir uns für das kurze Szenario von 1965-1968 entschieden. Hier besteht das Eventdeck aus 24 Events + den drei Coup-Karten, die jeweils eine Wertungsphase auslösen. Damit ist das kurze Szenario in etwa 1/3 kürzer, als das mittlere Szenario mit 36 Eventkarten.
Hier startete die USA fulminant und spielte mit der ersten Aktion „Search and Destroy“ als Event.

Auf jeden Fall zu dem Zeitpunkt ein starker Zug. Zeitgleich versuchte der Vietcong durch Terror in den Regionen Binh Dinh und Binh Tuy die Bevölkerung zu beeinflussen… ob das vom Erfolg gekrönt wird…seht ihr später. Die NVA und die ARVN ließen es derweil etwas gemütlicher angehen und verstärkten ihre Stützpunkte erst einmal mit weiteren Truppen, im wesentlichen in Nordvietnam bzw. in Saigon.
Beflügelt durch ihr „Search und Destroy“ wurden die USA in Runde drei auch direkt ihrem Ruf gerecht und reduzierten in Tri Thua Thien erst einmal die feindlichen Reihen, sehr zum Gefallen Südvietnams. Nahezu zeitgleich konnte die ARVN so durch das Ablenkungsmanöver der USA in Saigon eine neue Basis errichten und weiter die Truppen verstärken. Das waren auch schon mehr oder weniger die letzten Aktionen vor der ersten COUP! Runde. Sehr zum Missfallen der USA wechselte in dieser Phase des Krieges der Machthaber.
Vietnam, 1964. The most wrenching US engagement of the Cold War would be far more than GI versus Charlie. The conflict had set tribesman against nationalist, Buddhist against Catholic, mandarin against villager, and of course Northerner against Southerner—even among the communists. As revolutionary change burned through that ancient civilization, Washington would apply its armament and its operations research. To get out, the US counterinsurgency would have to motor deeper and deeper in. In the end, culture and will would overcome technology and math and signal the end of the primacy of industrial might in modern warfare. – GMT Games

Nguyen Cao Ky saß nun an den Schalthebeln und die Bevölkerung umzupolen wurde plötzlich deutlich schwieriger. Alle Parteien waren aber noch recht weit von ihrem eigentlichen Ziel entfernt, daher ging es nach einigen taktischen Rückzügen dann auch schon weiter.
Im zweiten Drittel gab es schwere Verluste auf beiden Seiten, sowohl die USA konnten einige verheerende Angriffe fliegen, aber auch die NVA, besonders in den nördlichen gebieten Südvietnams, konnte Nadelstiche setzen und die ARVN schwächen. Der Vietcong baute unterdessen seinen Einfluss weiter aus und war ungewöhnlich stark selbst auf dem Brett vertreten.
Sehr zum Gefallen der ARVN wurden die LoCs, also die Lines of Communication, nicht wirklich sabotiert.
„1.3.4 LoCs. Each Line of Communication (LoC) space is either
Highway (road) or Mekong (river) or both and shows an Economic
value (Econ) of 0, 1, or 2 affecting ARVN Resource earnings (1.8,
6.2.3) and Viet Cong Taxation (4.5.1). NOTE: LoCs are spaces!“ –
Die LoCs bezeichnen wichtige Straßen bzw. den Mekong (Fluss). Im Spiel ermöglichen diese es insbesondere der ARVN eine schnelle Bewegung über das Spielfeld, wenn die LoCs unbesetzt sind bzw. nicht sabotiert werden.
Die Polizei der ARVN konnte sich so auf die Patrouille in den Gebieten und Städten begeben und dort den Untergrund aufmischen. Der Kipppunkt im Spiel ist meist dann, wenn die US Streitkräfte sich aus dem Konflikt zurückziehen. Neben dem Ausbau ihres Propaganda-Apparates ist die zweite, unumstößliche Möglichkeit Punkte zu generieren nämlich der Rückzug möglichst vieler Truppen in ihre Reserve.
An dem Punkt bekommt die ARVN immer das Problem, noch genügend Truppen in den zuvor von den USA besetzten Gebieten zu haben, um die Kontrolle weiterhin zu behalten und sie ist natürlich dann auch kämpferisch plötzlich unterlegen. Hier kam dann der Vietcong bzw die NVA stärker ins Spiel und konnten ordentlich Druck machen. Gegen Ende der Partie wurde der Machthaber erneut abgesetzt, was möglicherweise das entscheidende Momentum für die US Streitkräfte war, die Bevölkerung nun doch noch auf ihre Seite zu ziehen.
Ein Sieg nach Punkten war für keine der Parteien möglich, jedoch hatte die USA am Ende ganz knapp die Oberhand und damit den kleinsten Abstand zum Zielbereich. Ein verdienter, aber knapper Sieg.
Fazit
Meine dritte Partie Fire in the Lake und es ist einfach ein grandios gutes Spiel. Man muss natürlich berücksichtigen, dass es durch die asymetrischen Aktionen sehr komplex ist und man jedes Mal eigentlich wieder einen Moment braucht, um sich da wieder einzuarbeiten. Wer das aber bereit ist in Kauf zu nehmen, bekommt ein super asymetrisches, abwechslungsreiches, sehr thematisches und meiner Meinung nach optisch ansprechendes Spiel mit tollen Materialien, wie bei allen Vertretern der COIN Serie.
Für den Einstieg in die Serie gibt es mit Sicherheit weniger komplexe Vertreter, hier hat man aber vermutlich einen der besten Titel der Reihe gesehen.

