Julians Allerlei,  Schachtelgeflüster

Molly House

Spiele von Cole Wehrle sind etwas besonderes. Sehr thematisch, ein tolles Artwork und oft eine ähnlich, sehr interaktive und spannende Mechanik, die vieles den Spielern überlässt. Das muss man nicht mögen, ich liebe es. Mein Einstieg in dieses Rabbit Hole fing bei mir mit einer Partie Pax Pamir an. Generell war das auch der Einstieg in die Welt der thematisch historischen Spiele für mich. In meiner Erstpartie Pax Pamir war ich damals ziemlich überfordert, da ich dieses Spielkonzept so noch gar nicht kannte. Erst gegen Ende hatte ich langsam einen Überblick, was überhaupt meine Optionen sind. Aber zu dem Zeitpunkt war dann das Rabbithole auch schon gegraben. Im darauffolgenden Jahr durfte ich dann John Company kennenlernen und wir hatten eine regelmäßige Spielrunde für Root. So bin ich dann natürlich auch bei Molly House gelandet und mittlerweile würde ich behaupten, dass mir Coles Produktportfolio ausreichen würde, um jahrelang Spaß beim Spielen zu haben…wenn es da nicht manchmal das Problem mit den Mitspielern gäbe.

Worum geht es bei Molly House ?

Bei Molly House (Cole Wehrle, Jo Kelly – Wehrlegig Games) spielen wir sogenannte Mollies im frühen 18. Jahrhundert in London und wir sind Teil einer queeren Community. Als Teil dieser Community möchten wir im besten Fall Partys veranstalten, um „Joy“ zu erspielen. Sprich – je besser die Party, desto mehr Joy kann erspielt werden.

„Molly House celebrates this community by invitingplayers to take the roles of these mollies as they navi-gate their desires and dodge the watchful eyes of the Society for the Reformation of Manners, a citizengroup that sought to stamp out any behavior it deemeddeviant.“

Regelheft Molly House, Wehrlegig Games

  

„In the early 18thcentury, London was rapidly becomingone of the largest cities in Europe. Vibrant discussionsabout new ways of living were being hosted at coffeehouses across the city. And in the backrooms of certainestablishments, a community was being born.This was the thriving, underground world of the mol-lies, pioneering explorers of gender and sexuality whobuilt a community during this period of possibility andchange. Bawdy songs rang out as bedecked molliesengaged in masquerades. The nights were filled withunsanctioned weddings and gin-soaked christenings.“

Regelheft Molly House,  Wehrlegig Games

  

Das Spiel ist semikooperativ, wir möchten natürlich zum einen genügend Joy für die Community erspielen, zum anderen dürfen nicht vernachlässigen, dass wir selbst ja immer noch den meisten Spaß auf den Partys haben wollen.

Doch wir sollten aufpassen… unter uns könnten sich Ermittler der „Sittenpolizei“ (im Original Society for the Reformation of Manners) befinden, die bei unseren Partys jedes noch so kleine Gerücht und den Klatsch und Tratsch notieren um unsere Partylocations zu schließen und die Community hochzunehmen. Im Laufe des Spiels können wir selbst zu Informanten werden – ich mein…wenn das Geld passt… bevor ich gehängt werde… wer würde es nicht tun ? – und die Community verraten.

„Constables & Rogues
The Society for the Reformation of Manners was a group active in the late 17th and early 18th century, set up with the aim to enforce laws against behavior its members deemed immoral, including sex work, sabbath breaking, swearing and sodomy. To achieve this, they paid agents to find information and apprehend perpetrators of these crimes, essentially forming one of the first proto-police forces in London.“

Regelheft Molly House, Wehrlegig Games

  

Auch die im Spiel eingebundenen Rogues basieren auf den historisch recherchierten Begebenheiten.

Im Spiel sind diese Rogues anders als die Constables noch der Community hilfreich. Allerdings nur dann, wenn sie Teil einer erfolgreichen Party sind. In dem Fall geben sie keine Gerüchte an die Reformation of Manners weiter. Tauchen sie allerdings auf einer Party auf, an der sie später nicht teilnehmen dürfen, verraten sie unsere Community.

Im Spiel sind diese Rogues anders als die Constables noch der Community hilfreich. Allerdings nur dann, wenn sie Teil einer erfolgreichen Party sind. In dem Fall geben sie keine Gerüchte an die Reformation of Manners weiter. Tauchen sie allerdings auf einer Party auf, an der sie später nicht teilnehmen dürfen, verraten sie unsere Community.

 

Spielablauf

Molly House läuft dann maximal über 5 Runden, je nachdem wann genug Joy für die Community erreicht ist. Erfolgreiche Informanten haben die Möglichkeit auf verschiedene Weisen zu gewinnen, ihr primäres Ziel ist es, die Häuser hochzunehmen. Daher kann es auch bei Spielende noch passieren, das wir als Mollys doch noch gehängt werden.

Das Spiel ist mechanisch erst einmal nicht schwer, wenn man am Zug ist würfelt man zwei Würfel und bewegt sich je nach Ergebnis, tatsächlich ähnlich wie bei Monopoly, um die Map. Je nach Ort darf man dann eine Aktion machen. Eine Runde endet, wenn der Nachziehstapel des Kartendecks leer ist.

Das komplexeste bei den Aktionen ist „throw a festivity“ und auch „Brot und Butter“ im Spiel. Hier kommen nun unsere Handkarten zum Zug. Das Kartendeck für die Spieler ist eine Art Pokerdeck mit Zahlenwerten von 1-max. 9, den „Mollies und Jacks“ und zusätzlich den „Constables“ und den „Rogues“. Hier spielt, ähnlich wie beim Poker, zuerst die Community eine Karte zufällig vom Deck, danach haben die Spieler die Gelegenheit ihre Handkarten zu spielen, um eine von vier möglichen Kombinationen zu erreichen. Möglich sind ein Surprise Ball, Christening, Dance oder ein Quiet Gathering. Sollte die Society for the Reformation of Manners anwesend sein, ist es für die Community besser ein Quiet Gathering zu wählen, quasi eine „stille“ Party, um möglichst wenig Gerüchte und Gossip zu verbreiten und den Ermittlern so wenig „Futter“ zu geben.

Hier spielt dann gerade gegen Ende des Spiels jeder Spieler eher für sich und versucht selbst möglichst viel joy zu bekommen.

Regelheft Molly House, Wehrlegig Games

Am Ende einer Runde, wenn der Nachziehstapel leer ist, wird sämtlicher Gossip in Form der Karten gemischt und 2/3 aufgedeckt. Je nach Kombination der aufgedeckten Karten, können Häuser geraidet oder geschlossen werden. In diesem Fall bekommt der Spieler mit dem höchsten Ansehen innerhalb der Community eine Anzeige… die im schlimmsten Fall im Tod durch Erhängen enden kann.

Das Spiel endet entweder am Ende einer Runde, wenn die Community genug joy gesammelt hat, wenn nach Runde 5 niemand sein Ziel erreicht hat oder alle vier Häuser geraidet bzw ein Haus geschlossen ist.

         

       

     

    

Kernmechanik des Spiels sind eigentlich die zwei getrennten Ablagestapel, die sich in Gossip- und Safe- Pile unterteilen. Wir als Teil der Community möchten möglichst viele Karten auf den Safe-Pile bekommen, da der Gossip-Pile eben für die Gerüchte bzw. die Informationen an die Ermittler sorgt. In unterschiedlichen Spielsituationen werden die Karten auf diese getrennten Stapel gelegt.

Wie bei Cole Wehrle typisch, braucht man hier ein paar Partien, bis man die Mechanik und auch die Zusammenhänge begriffen hat und wirklich gut spielen kann. In seinen Aktionen ist es manchmal etwas kleinteilig, besonders im Hinblick auf die verschiedenen Ablagestapel. Hier gucke ich auch nach 10 Partien jedes mal vorher einmal in den Regeln nach. Auch fällt es mir noch schwer, die Regeln gut strukturiert zu erklären, da das Konzept zwar sehr interessant, aber eben auch ungewöhnlich ist.

Wenn man aber einmal ein paar Partien gespielt hat, entwickelt sich ein verhältnismäßig zugängliches und schnell gespieltes, sehr interaktives Spiel, was über seine Aktionen einfach super thematisch ist. Mechanisch passt das alles zusammen und es entstehen jedes Mal tolle Diskussionen, wenn es darum geht, wer nun für die Community spielt und wer nicht. Auch die Mechanik mit dem Seitenwechsel über die Informanten ist gut, weil hier niemand gezwungen wird, die Seite zu wechseln. Mit circa 2h zu viert ist das Spiel auch immer zügig gespielt.

Fazit

Zusammengefasst für mich eines der stärksten neuen Spiele im vergangenen Jahr, wo sich gerade mit erfahrenen Spielern eine sehr coole Dynamik am Tisch entwickelt und jede Partie bisher anders verlaufen ist. Wer sich dafür interessiert, findet unter Wehrlegig Games mehr zum Spiel.

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